Cappucino

01/2017 – Newsletter der Dr. Lutz Gesellschaft für Pensionsmanagement mbH

Steuerliches Finanzierungsendalter für GGF-Pensionszusagen (wieder 65?) und Arbeitnehmer-Zusagen

 – BMF-Schreiben v. 09.12.2016 – IV C6-S27176/07/10004 –

Im Jahre 2008 wurden die Einkommensteuerrichtlinien (R 6a Abs. 8 EStR 2008) dahingehend geändert, dass das Finanzierungsendalter für beherrschende geschäftsführende Gesellschafter auf die gesetzliche Regelaltersgrenze, d.h. z.B. Alter 66 für Geburtsjahrgänge von 1953 bis 1961 und Alter 67 für Geburtsjahrgänge 1962 und jünger, angehoben werden musste. Als Folge hiervon mussten die Pensionsrückstellungen in der Steuerbilanz abgesenkt werden.

Der BFH hatte diese jahrgangsabhängige Regelung zum Finanzierungsendalter mit Urteil vom 11.09.2013 (IR 72/12) verworfen. Das Bundesfinanzministerium hat nun auf diese BFH-Rechtsprechung reagiert und mit Schreiben vom 09.12.2016 die geburtsjahrgangsabhängige Staffelung des Finanzierungsendalters zurückgenommen.

Der BFH hat mit seinem Urteil vom 11.09.2013 entschieden, dass nach dem eindeutigen Wortlaut des § 6a EStG bei der Bewertung von Pensionsverpflichtungen ausschließlich auf das in der Pen-sionszusage vorgesehene Pensionsalter abzustellen ist. Abweichend von R 6a Abs. 8 EStR 2008 schreibe das Gesetz auch bei Versorgungszusagen gegenüber beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern kein Mindestpensionsalter vor.

Die Grundsätze dieses BFH-Urteils sind jetzt über den entschiedenen Einzelfall hinaus in allen noch offenen Veranlagungsfällen anzuwenden.

Falls die Zusage z.B. die feste Altersgrenze 65 vorsieht, kann die Pensionsrückstellung in der Steuerbilanz ab sofort wieder auf das Endalter 65 bewertet werden. Folge hiervon ist dann eine Anhebung der Rückstellung (Rückgängigmachung der Absenkung aus dem Jahre 2008) und damit eine Verringerung der Differenz zum handels-rechtlichen Erfüllungsbetrag (BilMoG). Die Absenkung des technischen Finanzierungsendalters muss spätestens im Wirtschaftsjahr 2017 erfolgen, ansonsten wird steuerrechtlich das höhere Finanzierungsendalter 66 bzw. 67 festgeschrieben.

Wichtiger Hinweis:
Das BMF-Schreiben sieht ein „umgekehrtes Wahlrecht“ vor: Falls von einem späteren Pensionseintritt als dem festgelegten früheren Pensionsalter (z.B. 65) ausgegangen werden kann, da der Versorgungsberechtigte voraussichtlich bis zur gesetzlichen Regelaltersgrenze beschäftigt bleibt, kann das bisherige höhere Finanzierungsendalter beibehalten bleiben (in diesem Fall 66 oder 67 Jahre). Da R 6a Abs. 8 EStR 2008 für alle offenen Fälle aufgehoben wird, könnte dieses Wahlrecht faktisch bereits dadurch ausgeübt worden sein, dass das höhere Alter in mindestens einem offenen Fall beibehalten wurde. Dann bliebe die Rückkehr zum Finanzierungsendalter 65 verwehrt.

Wir empfehlen daher dringend zu überprüfen, ob die Änderung noch rückwirkend für offene Veranlagungsfälle vorgenommen werden kann und soll.

Verdeckte Gewinnausschüttungen (VGA) bei GGF-Neuzusagen ab 09.12.2016.

Das BMF-Schreiben stellt bezüglich des steuerrechtlich anerkannten Pensionsalters bei GGF (beherrschend und nicht beherrschend) neue Vorgaben auf.

Bei Neuzusagen nach dem 09.12.2016 ist bei einer vertraglichen Altersgrenze von weniger als 62 Jahren davon auszugehen, dass keine ernsthafte Vereinbarung vorliegt. Zuführungen zur Pensionsrückstellung sind in voller Höhe vGA. Bei zum 09.12.2016 bereits bestehenden Zusagen gilt weiterhin als Mindestalter 60 Jahre (R 38 Satz 8 KStR 2004). Allerdings ist ein Pensionsalter von 60 Jahren für Zusagen ab dem 01.01.2012 bilanzsteuerrechtlich nicht mehr möglich (BMF-Schreiben vom 24.07.2013, Rn. 286), das Mindestalter beträgt seitdem 62 Jahre.

Bei beherrschenden GGF ist bei Neuzusagen nach dem 09.12.2016 grundsätzlich davon auszugehen, dass eine Pensionszusage insoweit unangemessen ist, als eine geringere vertragliche Altersgrenze als 67 Jahre vereinbart wird (vGA der Höhe nach). Zuführungen zur Pensionsrückstellung sind dann insoweit vGA, als diese nicht auf das 67. Lebensjahr, sondern auf das vertraglich vereinbarte geringere Pensionsalter (z.B. 65 Jahre) bewertet werden. Es besteht aber die Möglichkeit, ein niedrigeres Pensionsalter als 67 Jahre als fremdüblich nachzuweisen (z.B. für bestimmte Berufsgruppen).

Bei am 09.12.2016 bereits bestehenden Zusagen zugunsten beherrschender GGF wird nicht beanstandet, wenn eine Altersgrenze von mindestens 65 Jahre zum Ende des Wirtschaftsjahres, das nach dem 09.12.2016 beginnt, vereinbart wird. Wird ein vertraglich vereinbartes niedrigeres Pensions-alter nicht auf das 65. Lebensjahr erhöht, stellen die Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen insofern eine vGA dar, wie sie auf das geringere anstatt auf das Pensionsalter 65 ermittelt wurden.

Hinweis: 
Hier kann sich wieder ein steuerrechtlicher Fallstrick ergeben. Wird z.B. die bislang recht-mäßige Altersgrenze 60 auf 65 angehoben, so führt dies zu einer Minderung der Pensionszusage (bezogen auf einen Barwertvergleich), also zu einem Teilverzicht. Hat der GGF schon ein Alter von über 55 Jahren erreicht, wird dies einen Eingriff in den past-service zur Folge haben mit den steuerlichen Konsequenzen der verdeckten Einlage und der Lohnbesteuerung des Verzichtsbetrages! Wir empfehlen daher, das bisherige Pensionsalter 60 nicht anzupassen und die Pensionsrückstellungen auf 65 zu bewerten.

Bei Neuzusagen nach dem 09.12.2016 an beherrschende GGF mit einer Schwerbehinderung wird ein Pensionsalter von mindestens 62 anerkannt, bei zuvor erteilten Zusagen reicht eine Altersgrenze von 60 Jahren.

Für die Frage, ob eine vGA vorliegt, ist grundsätzlich auf die Verhältnisse bei Erteilung der Zusage abzustellen (z.B. BFH-Urteil vom 31.03.2004 – IR 65/03). Ein Statuswechsel (vom nicht beherrschenden zum beherrschenden GGF) ist für diese Beurteilung grundsätzlich irrelevant.

Sofern aber weitere Anhaltspunkte für eine mögliche Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis hinzutreten, gilt dieser Grundsatz nicht mehr. Ein Beispiel hierzu wäre die zeitliche Nähe von Erteilung der Zusage und Erwerb der beherrschenden Stellung.

Im Fall einer wesentlichen Zusageänderung (z.B. deutliche Erhöhung der Leistungen) ist im Hinblick auf das vereinbarte Pensionsalter stets erneut zu prüfen, ob die Pensionszusage durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist und ggf. das Pensionsalter auf 67 erhöht werden muss.

BAG-Urteil zur festen Altersgrenze 65 bei Arbeitnehmer-Zusagen
(unmittelbare Pensionszusage und Unterstützungskasse)

Das BAG hatte mit Urteil vom 15.05.2012 (3 AZR 11/10) entschieden, dass die feste Alters-grenze von 65 Jahren in Versorgungsordnungen, die vor Inkrafttreten des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20.04.2007 eingerichtet wurden, regelmäßig dahingehend auszulegen ist, dass damit auf die gesetzliche Regelaltersgrenze (65-67) Bezug genommen werden soll. Entgegen der überwiegenden arbeitsrechtlichen Interpretation dieses BAG-Urteils sollen laut BMF-Schreiben nur Gesamt-Versorgungssysteme von der BAG-Rechtsprechung betroffen sein. Nach unserer Auffassung zielt das BAG-Urteil aber auch auf Versorgungsordnungen ab, die nicht als Gesamtversorgungsysteme konzipiert sind. Gesamtversorgungssysteme nehmen Bezug auf die gesetzliche Rente (Limitierung oder Anrechnung der gesetzlichen Rente auf die bAV).

Hat ein Unternehmen mit Gesamtversorgungszusagen nach der BAG-Rechtsprechung die feste Altersgrenze 65 aufrechterhalten, besteht kein Handlungsbedarf. Es bleibt das schriftlich fixierte Pensionsalter 65 maßgebend.

Wendet ein Unternehmen mit Gesamtversorgungszusagen aber die BAG-Rechtsprechung an – die dokumentierte Altersgrenze 65 wird als die gesetzliche Regelaltersgrenze ausgelegt -, so fordert das BMF-Schreiben, dass diese Anpassung nach den allgemeinen Grundsätzen durch eine schriftliche Änderung der betroffenen Versorgungsregelung zu dokumentieren sei (Schriftformerfordernis gem. §§ 6a und 4d EStG). Es ist bilanzsteuerrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die bestehenden Versorgungsregelungen spätestens bis zum Ende des Wirtschaftsjahres angepasst werden, das nach dem 09.12.2016 beginnt (Übergangsfrist).

Nach Ablauf der Übergangsfrist nicht schriftlich angepasste Versorgungsordnungen können nach Auffassung des BMF mangels hinreichender Schriftform bilanzsteuerrechtlich nicht mehr anerkannt werden, d.h. die passivierten Pensionsrückstellungen wären gewinnerhöhend aufzulösen.

Das heißt konkret, ein Unternehmen mit Gesamtversorgungssystem, das die vorgesehene feste Altersgrenze 65 nach der BAG-Rechtsprechung als gesetzliche Regelaltersgrenze auslegt und diese Auslegung nicht schriftlich fixiert, muss ab 31.12.2017 die Pensionsrückstellungen auflösen und nachversteuern!

Diese Auffassung der Finanzverwaltung wird von vielen Arbeitsrechtlern nicht geteilt bzw. als nicht haltbar erachtet. Die gewinnerhöhende Auflösung der Pensionsrückstellungen kann aber letztlich nur im Klageweg wieder rückgängig gemacht werden.

Wir hatten von Anbeginn nach der BAG-Rechtsprechung im Jahre 2012 die Meinung vertreten, dass die Anhebung der gesetzlichen Regelaltersgrenze für Bestandszusagen schriftlich fixiert werden sollte, ggf. auch durch eine einseitige Erklärung des Arbeitgebers „die BAG-Rechtsprechung anwenden zu wollen.“

Auch wenn Versorgungsregelungen, die nicht als Gesamtversorgungssystem eingerichtet sind, in dem BMF-Schreiben nicht behandelt werden, empfehlen wir auch hier dringend, die Vorgehensweise (Anwendung der Regelaltersgrenze) schriftlich zu dokumentieren (falls man der BAG-Rechtsprechung folgen will).

Keine Steuerermäßigung für vertragsgemäße Kapitalzahlungen einer Pensionskasse

– BFH-Urteil vom 20.09.2016 – XR 23/15 –

Die einmalige Kapitalabfindung laufender Rentenansprüche gegen eine Pensionskasse (betrieb-liche Altersversorgung) unterliegt jedenfalls dann dem regulären Einkommensteuertarif, wenn das Kapitalwahlrecht schon in der Versorgungsregelung enthalten war. Es handelt sich nicht um ermäßigt zu besteuernde außerordentliche Einkünfte.

In dem entschiedenen Fall hatte eine Arbeitnehmerin im Wege der Entgeltumwandlung seit 2003 Ansprüche aus einer Pensionskassen-Zusage erworben. Die Pensionskassenzusage sah ein Kapitalwahlrecht zu Beginn der Rentenzahlung vor. Hiervon machte die Arbeitnehmerin nach Eintritt in den Ruhestand kurz nach Vollendung des 60. Lebensjahres Gebrauch. Bei der Besteuerung dieser Kapitalleistung beantragte die Versorgungsberechtigte im Rahmen der Steuererklärung die Anwendung des § 34 EStG (Fünftelungsregelung). Die Vorinstanz (FG Rheinland-Pfalz) hat dies für zulässig gehalten, der BFH hat dagegen die Anwendung der Fünftelungsregelung auf die Kapitalzahlung abgelehnt.

Nach Meinung des BFH ist die Kapitalabfindung nicht als außerordentliche Einkünfte in Gestalt einer Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten nach § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 EStG ermäßigt zu besteuern. Zwar ist § 34 EStG grundsätzlich auf alle Einkunftsarten anzuwenden, da sich weder dem Wortlaut noch der Systematik nach eine Beschränkung ihres Anwendungsbereiches auf bestimmte Einkunftsarten entnehmen lässt.

Es fehlt jedoch an der „Außerordentlichkeit“ dieser Einkünfte, die in § 34 Abs. 1 und auch in § 34 Abs. 2 EStG vorausgesetzt wird. Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten sind nur dann außer-ordentlich, wenn die Zusammenballung der Einkünfte nicht dem vertragsgemäßen oder typischen Ablauf der jeweiligen Einkünfteerzielung entspricht. Im vorliegenden Fall war die Geltendmachung der Kapitalzahlung vertragsmäßig.

Dem steht auch nicht entgegen, dass die Kapitalauszahlung nur bei einem Zusammenwirken von Arbeitgeber (Versicherungsnehmer) und Arbeitnehmer (versicherte Person) erlangt werden konnte. Diese Einschränkung betrifft lediglich die Modalitäten der Umsetzung des Kapitalwahl-rechtes.

Die Kapitalabfindung stellt auch keinen atypischen Ablauf in Bezug auf die jeweilige Einkünfteerzielung dar. Im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung sind Kapitalwahlrechte arbeits-rechtlich unbeschränkt zulässig. Somit sind diese Wahlrechte in der bAV – anders als bei der Basisversorgung – nicht außerordentlich.

Unerheblich ist auch, dass in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Pensionskasse zunächst der Rentenanspruch und erst danach das Recht zur Wahl einer Kapitalabfindung geregelt waren. Aus der Reihenfolge der Aufzählung der wählbaren Vertragsleistungen folgt nicht, dass nur die Rentenzahlung vertragstypisch und die Kapitalabfindung atypisch ist.
Dieses BFH-Urteil hat in der Presse für viel Aufsehen gesorgt. Obwohl dem Urteil eine Pensionskassenzusage zugrunde lag, wenden einzelne Kommentatoren das Urteil auch auf Unterstützungskassen- und Pensionszusagen an. Also auch auf hohe GGF-Pensionszusagen mit Kapitalisierungsoption.

Die Entscheidung des BFH ist für die Durchführungswege Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds zutreffend. Sie entspricht auch der Regelung in dem BMF-Schreiben vom 24.07.2013, Rn. 373 (Steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge und betrieblichen Altersversorgung): „Im Falle von Teil- bzw. Einmalkapitalzahlungen (von Direktversicherung, Pensionskasse, Pensionsfonds) handelt es sich nicht um außerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 2 EStG.“

Der BFH hat in seiner Entscheidung ausgeführt, dass Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten (wie Alterskapitalleistungen in der bAV) nur dann als außerordentliche Einkünfte der Fünftelungsregelung unterliegen, wenn sie nicht „vertragsgemäß“ oder „typisch“ sind. Ein in der Zusage vereinbartes Kapitalwahlrecht (einseitig oder auch einvernehmlich) ist aus Sicht des BFH vertragsmäßig und damit nicht außerordentlich. Ist damit die Fünftelungsregelung auch bei Kapital-wahlrechten in Pensionszusagen oder Unterstützungskassenregelungen nicht anwendbar?

Wir sind der Meinung nein, die Fünftelungsregelung ist sehr wohl für Pensionszusagen und Unterstützungskassen anwendbar. Dies wird auch von der Finanzverwaltung – zumindest zurzeit noch – bestätigt: in Rn. 371 des BMF-Schreibens vom 24.07.2013 (Direktzusage und Unterstützungskasse) wird ausgeführt: „Werden solche Versorgungsleistungen nicht fortlaufend, sondern in einer Summe gezahlt, handelt es sich um Vergütungen (Arbeitslohn) für mehrjährige Tätigkeiten im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG (vgl. BFH-Urteil vom 12. April 2007, BStBl II S. 581), die bei Zusammenballung als außerordentliche Einkünfte nach § 34 Abs. 1 EStG zu besteuern sind. Die Gründe für eine Kapitalisierung von Versorgungsbezügen sind dabei unerheblich.“

Diese Rechtsauffassung wird auch in den Einkommensteuerrichtlinien R 34.4 Abs. 1 bestätigt.

Anpassungsprüfung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG: Berechnungsdurchgriff im Vertragskonzern

– BGH-Urteil vom 27.09.2016 – II ZR 57/15 –

Der BGH hat mit seiner Entscheidung zum Berechnungsdurchgriff bei der Betriebsrentenanpassungsprüfung die aktuelle Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 10.03.2015 – 3 AZR 739/13) bestätigt. Beide Gerichte bejahen einen Berechnungsdurchgriff im Vertragskonzern nur dann, wenn ein Beherrschungsvertrag vorliegt und sich die damit verbundene Gefahrenlage realisiert hat. Diesbezüglich gilt eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast.

Der Arbeitgeber hat nach § 16 Abs. 1 und 2 BetrAVG, alle drei Jahre die Anpassung laufender Renten zu prüfen. Dabei sind die Belange der Versorgungsempfänger und die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zu berücksichtigen. Die Pflicht zur Anpassungsprüfung entfällt nur dann, wenn die laufenden Leistungen jährlich um mindestens 1 % erhöht werden bzw. bei versicherungsförmiger Durchführung (Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds) sämtliche Überschussanteile ab Rentenbeginn zur Erhöhung der Renten verwendet werden. Außerdem entfällt die Anpassungsprüfungspflicht bei Beitragszusagen mit Mindestleistung.

Entscheidend für die Anpassungsprüfung ist grundsätzlich die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers. Innerhalb eines Konzerns kann aber ausnahmsweise nach den Grundsätzen des Berechnungsdurchgriffs auf die wirtschaftliche Lage eines anderen Konzernunternehmens bzw. die wirtschaftliche Situation der Konzernobergesellschaft abgestellt werden.

Nach dem Wortlaut von § 16 BetrAVG ist im Grundsatz auf die wirtschaftliche Lage des ehemaligen Arbeitgebers abzustellen. Wenn der Arbeitgeber in einen Konzern eingebunden ist, ändert das grundsätzlich nichts. Es bleibt bei der Selbstständigkeit der beteiligten juristischen Personen und der strikten Trennung ihrer Vermögensmassen.

Etwas anderes gilt nur, wenn aufgrund eines bestehenden Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages zwischen dem pensionsverpflichtenden Unternehmen und der Muttergesellschaft über einen Berechnungsdurchgriff ausnahmsweise auf die wirtschaftliche Lage der Konzernmuttergesellschaft abzustellen ist. In dem vom BGH zu handelnden Fall war das aber nicht gegeben.

Das BGH-Urteil bestätigt die Rechtsprechung des BAG hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen einem Beherrschungsvertrag (nur ein Gewinnabführungsvertrag reicht hier ohnehin nicht aus) und einem Berechnungsdurchgriff, der nur bei zusätzlicher Realisierung einer Gefahrenlage bejaht werden kann. Außerdem gibt der BGH Hinweise zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast zwischen Versorgungsgläubiger und -schuldner.

Der BGH stellt zunächst klar, dass ein Berechnungsdurchgriff innerhalb eines Vertragskonzerns nicht schon allein aufgrund der Existenz eines Beherrschungsvertrags zulässig ist. Das BAG hatte dies zwar zunächst in den Jahren 2009 und 2014 bejaht, diese Rechtsauffassung wurde aber mit der Entscheidung vom 10.03.2015 wieder aufgegeben. Dem hat sich der BGH jetzt angeschlossen.

Der BGH verlangt daher auch für einen Berechnungsdurchgriff, dass sich die durch den Beherrschungsvertrag begründete Gefahrenlage für den Werterhalt der Betriebsrente realisiert.
Von einer Gefahrenlage ist auszugehen, da das beherrschende Unternehmen aufgrund des Beherrschungsvertrags gegenüber dem abhängigen Unternehmen auch nachteilige Weisungen erteilen kann. Diese Gefahrenlage realisiert sich aber erst dann, wenn tatsächlich Weisungen erteilt worden sind und diese zu einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des Versorgungsschuldners geführt haben, dass eine Anpassung der Betriebsrente abgelehnt werden kann. Die bloße Verlustausgleichspflicht nach § 302 AktG wird aber ebenso wie die Existenz eines Gewinnabführungsvertrages nicht ausreichend sein, einen Berechnungsdurchgriff zu rechtfertigen.

Schließlich hat der BGH noch wichtige Aussagen zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast gemacht. Zunächst gilt der allgemeine Grundsatz, dass derjenige, der sich auf das Vorliegen einer Ausnahmesituation beruft, auch darlegungs- und beweisbelastet ist. Daher muss der Versorgungsempfänger die Voraussetzungen für einen Berechnungsdurchgriff nachweisen.

Allerdings gehen BGH und BAG von einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast aus und kommen somit dem klagenden Betriebsrentner entgegen.

Im ersten Schritt muss der Versorgungsempfänger die Existenz eines Beherrschungsvertrages darlegen und beweisen (Beherrschungsverträge sind nach § 294 AktG in das Handelsregister einzutragen, das gilt auch für die GmbH). Im zweiten Schritt trifft den Versorgungsempfänger auch die Darlegungslast für die Realisierung der dem Beherrschungsvertrag eigenen Gefahrenlage. Hier soll aber die bloße Behauptung einer entsprechenden Gefahrenverwirklichung ausreichen. Den Versorgungsschuldner trifft dann die volle sekundäre Darlegungs- und Beweislast.

Der Versorgungsschuldner muss im Einzelfall begründen, weshalb die im Beherrschungsvertrag angelegte Gefahrenlage nicht eingetreten ist. Begründung hierfür ist, dass diese Vorgänge regelmäßig außerhalb der Wahrnehmungsmöglichkeiten des Versorgungsempfängers liegen. Dies gilt i.d.R. auch bei ehemaligen Organmitgliedern einer Kapitalgesellschaft.

MRH Trowe hat 4,63 von 5 Sternen 1219 Bewertungen auf ProvenExpert.com