Cappucino

03/2018 – Newsletter der Dr. Lutz Gesellschaft für Pensionsmanagement mbH

Neue Heubeck Richttafeln 2018 G

Ende Juli hat die Heubeck AG die neuen Heubeck-Richttafeln 2018 G veröffentlicht. Auf Basis der neuen Richttafeln ist ein weiterer Anstieg der Pensionsrückstellungen in den Bilanzen und damit einher-gehend eine weitere Ergebnisbelastung zu erwarten (im Vergleich zu den aktuellen Richttafeln 2005 G).

Die beobachtete Verlängerung der Lebenserwartung hält unverändert an (Statistisches Bundesamt, Zensus 2011). Die Lebenserwartung in Ost- und West-Deutschland hat sich bei Frauen inzwischen angeglichen, bei Männern ist der Abstand von 3 Jahren auf 7 Monate geschrumpft (also nur noch geringfügige höhere Lebenserwartung bei Männern in den Alten Bundesländern).

Die neuen Richttafeln 2018 G berücksichtigen erst-malig sozioökonomische Faktoren, da Arbeitnehmer mit höheren Alterseinkommen eine höhere Lebenserwartung haben (nachgewiesen durch Auswertungen der gesetzlichen Rentenversicherung). Die neuen Richttafeln nehmen hier bei höheren Renten einen pauschalen Abschlag auf die Sterbewahrscheinlichkeiten vor.

Weitere Änderungen ergeben sich bei den Invalidisierungswahrscheinlichkeiten. Im Altersbereich ab 58 Jahren zeigt sich hier ein Rückgang. Diese Minderung der Invalidisierungswahrscheinlichkeiten und die Abnahme der Sterblichkeit der Invalidenrentner werden ebenfalls in den biometrischen Werten der Richttafeln abgebildet.

Die neuen Richttafeln enthalten erstmals neben den biometrischen Werten für Männer und Frauen zusätzlich solche für „Unisex“. Damit sind dann auch geschlechtsunabhängige Bewertungen möglich, z.B. im Fall des Versorgungsausgleichs.

In der Steuerbilanz kann eine Erhöhung der Rückstellung durch den Wechsel der Richttafeln von 0,8 % bis 1,5 % erwartet werden (in Abhängigkeit von der Zusammensetzung des Versorgungsbestandes). Nach handelsrechtlichen und internationalen Rechnungsgrundsätzen kann der Einmaleffekt mit 1,5 % bis 2,5 % deutlich höher sein, in Abhängigkeit von Rechnungszins, Gehalts- und Rententrend sowie Fluktuation.

Die Anerkennung der neuen Heubeck-Richttafeln 2018 G steht noch aus, es wird aber ein entsprechendes BMF-Schreiben noch in diesem Jahr erwartet. Eine Verteilung des steuerlichen Mehraufwandes über drei Jahre als Forderung der Finanzverwaltung wird in der Literatur wiederum erwartet. Bei der  er-warteten Größenordnung der Mehrrückstellungen (0,8 % – 1,5%) können wir dies nicht nachvollziehen, da hiermit ja ein zusätzlicher Aufwand durch Parallelberechnungen ausgelöst würde.

In der Handelsbilanz ist der Mehraufwand sofort zu erfassen. In der internationalen Bilanz ist die Umstellung auf die neuen Richttafeln als versicherungsmathematischer Verlust aus Veränderung der biometrischen Rechnungsgrundlagen separat anzuweisen.

Erneut werden im Jahresabschluss 2018 die Pensionsrückstellungen in den Bilanzen der Unternehmen steigen, egal ob im Steuer- oder Handelsrecht sowie nach IFRS oder USGAAP.

Da die Pensionsrückstellungen zu Lasten der Ergebnisse steigen, sind auch die für das Jahr 2018 aufgestellten Planungen zu überdenken. Gleichzeitig müssen auch mittel- und langfristige Prognosen angepasst werden.

Höchstalter 60 für die Gewährung von Versorgungsbeiträgen zulässig

– BAG-Urteil vom 26.04.2018 – 3 AZR 19/17 –

Der 1948 geborene Kläger als leitende Führungskraft eines Unternehmens der Automobilindustrie hatte ursprünglich eine Versorgungszusage, die eine Altersleistung nach Ausscheiden mit Vollendung des 65. Lebensjahres vorsah. Das Versorgungssystem für leitende Führungskräfte wurde 2001 auf ein Kapitalbausteinsystem umgestellt, bei dem Kapitalbeiträge durch den Arbeitgeber zur Verfügung gestellt wurden, diese Kapitalbeiträge sollten aber nach Vollendung des 60. Lebensjahres nicht mehr gewährt werden. Ein Angebot auf Änderung des Arbeitsvertrages, dass das Arbeitsverhältnis mit Vollendung des 60. Lebensjahres beendet wird und zu diesem Zeitpunkt das Alterskapital zur Auszahlung kommt, nahm der Kläger nicht an.

Der Kläger schied mit Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze aus. Er hält die fehlende Möglichkeit der Steigerung des Versorgungsguthabens nach Vollendung des 60.Lebensjahrees für altersdiskriminierend.

Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos. Eine unzulässige Benachteiligung wegen des Alters nach §§ 1, 3, 7 Abs. 1 AGG wird vom BAG verneint.

Zwar bewirkt die Begrenzung für die Gewährung von Versorgungsbeiträgen auf die Zeit bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters. Diese ist jedoch nach § 10 Satz 1 AGG gerechtfertigt, da mit ihr ein legitimes Ziel verfolgt wird. Sie be-grenzt den Versorgungsaufwand (Dotierungsrahmen) des Beklagten (pensionsverpflichtetes Unternehmen) und dient damit seinem Interesse an einer überschaubaren und kalkulierbaren Versorgungsleistung.

Die Begrenzung ist auch angemessen und erforderlich i.S.d. § 10 Satz 2 AGG. Der Arbeitgeber konnte aufgrund der im Unternehmen gängigen Ausscheidepraxis der Versorgungsberechtigten davon ausgehen, dass die Mehrzahl der begünstigten Personengruppe ihr Erwerbsleben im Unternehmen mit Vollendung des 60. Lebensjahres vollendete. Diese Praxis wurde auch dadurch gefördert, dass den Arbeitnehmern vor Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze der Bezug einer betrieblichen Rente weit oberhalb des gesetzlichen Rentenniveaus ermöglicht wurde.

BFH-Urteil zur Erdienbarkeit bei Entgeltumwandlung oder bei Wechsel des Durchführungsweges für beherrschende GGF


– BFH, Urteil vom 07.03.2018, IR 89/15 – 

Mit der Verfügung der OFD Niedersachsen vom 15.08.2014 wurde das Erdienbarkeitserfordernis von 10 Jahren für GGF-Pensionszusagen (beherrschende Stellung) auch auf Entgeltverzichtszusagen übertragen (s.a. DLPQ 01/2015). Das FG Thüringen (Urteil vom 25.06.2015) hatte dagegen die betriebliche Veranlassung einer Entgeltumwandlung eines GGF im Durchführungsweg Unterstützungskasse trotz Verstoßes gegen die Erdienbarkeitsfrist von 10 Jahren bejaht. Das FA hatte hiergegen Revision beim BFH eingelegt.

Der BFH bestätigt zunächst die Grundsätze der Erdienbarkeit. Die Zuwendungen an eine Unterstützungskasse dürfen nur dann steuermindernd berücksichtigt werden, wenn sie betrieblich und nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind. Nach ständiger Rechtsprechung liegt ein Indiz für die gesellschaftsrechtlich veranlasste Zusage vor, wenn der GGF die Versorgungsleistung vom Zeitpunkt der Zusageerteilung bis zu seinem Ausscheiden nicht mehr erdienen kann. Für beherrschende GGF muss dieser Zeitraum mindestens 10 Jahre betragen. Dies gilt grundsätzlich auch bei mittelbaren Versorgungszusagen, wie z.B. Unterstützungskassen.

Diese Überlegungen können aber auf eine durch Entgeltverzicht finanzierte bAV nicht zutreffen. Der Arbeitnehmer disponiert über sein eigenes Vermögen, indem er Aktivbezüge zugunsten künftiger Altersversorgung investiert.

Demzufolge besteht auch keine Veranlassung, die Entgeltumwandlung am Maßstab der Erdienbarkeit zu überprüfen.

Für die Urteilsfindung mitentscheidend war, dass es im Zusammenhang mit der Entgeltverzichts-Versorgungszusage nicht zu „unüblichen“ Gehaltsveränderungen gekommen ist und die verbleibende Barvergütung zur Deckung des laufenden Lebensunterhaltes ausreichend war. Auf Entgeltumwandlung beruhende Versorgungszusagen können aber durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sein, wenn andere, durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste  Vereinbarungen (z.B. sprunghafte Gehaltserhöhung kurz vor Zusageerteilung) vorliegen, die keinem Fremdvergleich standhalten. Da solche Vereinbarungen nicht vorlagen, musste die Entgeltumwandlungs-Pensionszusage steuerrechtlich anerkannt werden (gilt für alle Gestaltungsformen der bAV).

Bei dem gleichen Unternehmen wurde eine bestehende arbeitgeberfinanzierte Pensionszusage im Jahre 2010 durch Teilung in den past- und future-service neugeordnet. Der erdiente Teil der Zusage (past-service) wurde unverändert gelassen, während der noch nicht erdiente Teil der Zusage (future-service) auf eine rückgedeckte Unterstützungskasse wertgleich ausgelagert wurde.

Der BFH hatte zwar mit Urteil vom 20.07.2016 in einem anderen Fall den Sachverhalt der Auslagerung des future-service auf eine andere Gestaltungsform als Neuzusage qualifiziert und
 als Folge hiervon die Erdienbarkeit von 10 Jahren gefordert (s. DLPQ 02/2017). Allerdings war in diesem Fall mit dem Wechsel des Durchführungsweges auch eine Leistungserhöhung verbunden. Für Leistungserhöhungen von GGF-Zusagen (beherrschende Stellung) gilt nach ständiger Rechtsprechung aber grundsätzlich auch wieder das Erdienbarkeitserfordernis von 10 aus-stehenden Dienstjahren.

Der BFH hat also bestätigt, dass mit der den future-service betreffenden Änderung des Durchführungswegs im Juni 2010 keine Zusageerhöhung und damit keine finanzielle Mehrbelastung für das Unternehmen verbunden war (wertgleiche Umstellung). Der Wechsel des Durchführungswegs stellt grundsätzlich einen steuerlich zulässigen Weg der Sicherung der Altersversorgung dar. Erdienbarkeitsgrundsätze spielen hier keine Rolle.

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